Jetzt gibt es ja Hörproben zum 1. Album
Also ich find die Chöre hören sich exakt nach denen auf dem original an. WIe kann das sein?
Thomas Anders
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Hm, auch viele Instrumental-Teile aus den 80ern wurden mit reingemischt. War ganz gut klingt. Bin mir nicht sicher, ob die nachproduziert worden sind, oder eben als Original reingemischt wurde. (Instrumental-Versionen etc.)
Meinst du denn die Chöre wurden von damals übernommen teilweise undnicht nei gesungen?moderndani hat geschrieben: ↑Mi 26. Feb 2025, 21:29Hm, auch viele Instrumental-Teile aus den 80ern wurden mit reingemischt. War ganz gut klingt. Bin mir nicht sicher, ob die nachproduziert worden sind, oder eben als Original reingemischt wurde. (Instrumental-Versionen etc.)
Süddeutsche Zeitung Feuilleton, 11.03.2025
„Modern Talking“
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„Modern Talking“-Sänger Thomas Anders über Dieter Bohlens Texte, darüber, wie er Frieden geschlossen hat mit dem Feuilleton und warum er nie wieder in Putins Russland auftreten wird.
Interview von Andrian Kreye
Thomas Anders ist der Sänger des Elektropop-Duos Modern Talking, der mit 130 Millionen verkauften Tonträgern bislang erfolgreichsten deutschen Band. Oder war? Mit seinem Partner, dem Gitarristen und Songschreiber Dieter Bohlen, hat er sich schon 1987 zerstritten, 1998 versuchten sie es noch einmal, lösten das Projekt dann 2003 aber wieder auf. Seither tourt Thomas Anders solo mit den Hits von damals und eigenen Songs durch die Welt. Dieter Bohlen hat sich vor allem mit zwei Biografien und der Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ einen eigenen Ruf erarbeitet.
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Band hat Anders die ersten sechs Modern-Talking-Alben noch einmal neu aufgenommen. Ohne Dieter Bohlen, mit dem er schon seit Jahren nicht mehr geredet hat. Das erste ist gerade erschienen und auf der einen Seite immer noch Euro-Disco im Stil der Zeit, als Bohlen noch einen Vokuhila trug und Anders Lipgloss. Auf der anderen Seite klingt es aber auch nicht viel anders als ein großer Teil der Popmusik, die derzeit im Radio läuft. Außer dass die Refrains bei Menschen, die in den Achtzigerjahren schon bei Bewusstsein waren, Nostalgiereflexe auslösen.
Zum Videogespräch meldet sich Thomas Anders aus seinem Haus daheim in Koblenz. Hinter dem Schreibtisch blickt man durch eine Glasdoppeltür auf einen sonnigen Garten mit einer blühenden Kamelie, Olivenbäumen und einem Swimmingpool.
SZ: Warum haben Sie die ersten sechs Modern-Talking-Alben neu aufgenommen?
Thomas Anders: Ich hätte es ziemlich einfallslos gefunden, wenn wir zum 40. Jubiläum einfach den fünfhundertsten Aufguss von „The very very very best of Modern Talking“ gemacht hätte. Das hatten wir alles schon mal. Stattdessen wollten wir die Songs in einem neuen, modernen Klangbild präsentieren, ohne ihren ikonischen Charakter zu verlieren.
Wie gingen Sie da vor?
Ich trete auf der ganzen Welt mit Modern-Talking-Songs auf, und alle zwei, drei Jahre lasse ich das Programm komplett neu arrangieren, weil das Publikum und auch wir uns an neue Klänge gewöhnen. Viele Fans haben mich gefragt, ob man die neuen Versionen auch mal kaufen kann. So entstand die Idee, die Songs komplett neu aufzunehmen. Das Ganze aber mit den ikonischen Sounds der Achtziger. Wir haben zum Beispiel die Keyboard-Sounds aus dem legendären Intro von „Cheri Cheri Lady“ komplett „nachbauen“ lassen, das in die Produktion eingemischt und dann neu eingesungen
Was haben Sie denn verändert?
Die Produktionen von damals waren vor allem viel langsamer. Zum Teil lagen die Tracks bei 118, 120 Beats pro Minute. Zum Vergleich: Mittlerweile sind wir bei 126, 128 Beats pro Minute angekommen, auch wenn das in letzter Zeit wieder etwas langsamer wird. Das Publikum von heute erwartet einen dynamischeren Sound, und auch da hat sich die Technik enorm weiterentwickelt.
Inwiefern?
Ein großer Unterschied ist zum Beispiel der Drum-Sound. Damals war der oft analog oder semi-digital, heute kann man durch digitale Produktionsmöglichkeiten den Klang viel fetter und druckvoller machen. Wir haben uns zum Beispiel von The Weeknd inspirieren lassen, der moderne Produktionen mit einem gewissen Retro-Gefühl kombiniert. Und wir haben noch mal in einem eigenen Studio eine Dolby-Atmos-Mischung gemacht. Da gibt es ja schon einige Soundfreaks, die das so hören möchten. Man sitzt da in der Mitte vom Raum, und von überall fliegen einen die Sounds an, plötzlich kommen die Stimmen von hinten und die Synthies von der Seite, und in der Mitte haute plötzlich der Bass rein. Das ist schon ein tolles Erlebnis. Auch wenn ich selbst gar nicht so der Soundfreak bin. Für mich muss es einfach gut klingen.
Was bedeutet das bei Ihnen?
Wenn ich im Auto sitze, muss mich der Song direkt ansprechen. Wenn ich den Song doof finde, interessiert mich dann auch der Sound nicht. Deswegen haben wir beim Abmischen auch immer eine Radiobox im Studio stehen. Weil das Gros des Publikums sich unsere Musik ja nicht aus 50 000-Euro-Boxen anhört, sondern eben im Radio oder im Auto. Deswegen muss sich das auch vor allem aus so einer kleinen Box geil anhören.
Was ist denn das Erfolgsgeheimnis an den Modern-Talking-Songs?
Ich kann Ihnen da musikalisch keine Formel verraten, ich könnte so etwas auch nicht selbst schreiben. Aber auf das eigentliche Geheimnis bin ich vor knapp 20 Jahren durch Zufall gekommen. Da habe ich meinen Sohn aus dem Kindergarten abgeholt. Und da kamen zwei Kinder, die waren vielleicht vier Jahre alt, die haben „Cheri Cheri Lady“ gesungen. Da wurde mir klar: Wenn kleine Kinder das mitsingen können, ohne zu wissen, was sie da singen, können das andere auch auf der Welt, egal, aus welchem Kulturkreis sie kommen, welche Sprache sie sprechen oder wie alt sie sind. „Cheri Cheri Lady“ oder „Brother Louie“: Im Grunde sind das Kinderlieder, die eben als Pop der Achtziger hervorragend produziert waren. Das sind einfache, aber prägnante Phrasen, die weltweit funktionieren. Dieter hat da viel Zeit in die Wortwahl investiert, oft noch mehr als in die Musik.
Weil Worte wie Cheri oder Louie halt gut klingen?
Es ging nicht nur darum, dass die Worte gut klingen, sondern auch darum, dass sie positive Emotionen hervorrufen. Begriffe wie „Lady“, „Atlantis“ oder „Cadillac“ tragen eine universelle Bildsprache in sich. Das sind Begriffe, die nicht nur gut klingen, sondern direkt Fantasien und Träume auslösen. Das war wirklich Dieter Bohlens große Leistung.
Warum hat Ihre Musik denn so gut in die Zeit gepasst?
Die Achtziger waren ungezwungener, bunter, schriller. In Deutschland hatte sich die Neue Deutsche Welle mehr oder weniger überlebt, die sich aufgemacht hatte, mit einer anderen deutschen Sprache gegen die Schlager anzugehen. Aber es wurde von den Texten her immer blödsinniger, und dann kam in Deutschland die Italowelle hoch. Am Anfang wussten viele gar nicht, dass Modern Talking aus Deutschland kommt, und dachten, dass da wieder irgend so was aus Italien rüberschwappt. Sie waren ganz überrascht, dass da zwei so Urdeutsche Musik veröffentlicht haben. Und niemand war so überrascht wie unsere Plattenfirma, dass das so erfolgreich wurde. Ich weiß noch, ich habe damals noch parallel in deutscher Sprache gesungen und war auf Promotion-Tour für meine deutsche Single. Das war im Herbst ’84, ich war bei einem Rundfunksender, und der damalige Programmchef sagte mir, dieses „You’re My Heart, You’re My Soul“ kannst du in die Tonne kloppen, das wird nie was.
Der Erfolg kam dann schnell. Hat es Sie geärgert, dass man Sie im Feuilleton nie ernst genommen hat?
Vielleicht am Anfang. Aber ich habe Frieden geschlossen mit dem Feuilleton. Ich mache etwas, was mir Freude macht, und ich möchte mit dem, was mir Freude macht, anderen Freude bringen und Erfolg haben. Wenn man dann so erfolgreich war in den Achtzigern wie Modern Talking, hat man Feuilleton-Kritik in dem Moment nicht verstanden. Nach dem Motto: Wir werden doch von Millionen von Menschen geliebt. Warum gibt es da so eine gewisse Spezies, die uns eigentlich runterschreibt und uns sagt, dass das, was wir machen, keine Qualität hat? Ich habe mir irgendwann gesagt, man kann nicht von allen Menschen gemocht werden. Aber das kommt erst, wenn man etwas älter wird. Und dann erzähle ich Ihnen jetzt ein kleines Beispiel, da werden Sie bestimmt schmunzeln. Ich hatte ein Album, das habe ich 1993 veröffentlicht, „Souled“, das hatte ich auch in Amerika aufgenommen. Es wurde in der Tat im Feuilleton sehr positiv bewertet. Und es ist das unerfolgreichste Album meiner Karriere.
In welchen Ländern war Modern Talking am erfolgreichsten?
Deutschland war natürlich unser Heimatmarkt, aber unser Erfolg war global. Besonders in Europa, Asien und Südamerika waren wir extrem populär. Russland und die ehemaligen Ostblockstaaten waren ein riesiger Markt für uns – das hält sich bis heute. Ich sehe das an den Abrechnungen. Ich finde das total fasziniered, dass wir heute noch, 40 Jahre später, 360 bis 370 Millionen Streams pro Jahr haben.
Warum war Modern Talking zu Beginn der Perestroika die erste westliche Band, die in Russland Platten verkaufen und auftreten durfte?
Zu Beginn der Perestroika war es vollkommen klar, dass Russland finanziell mit dem Rücken an der Wand steht. Deshalb hatten sie sich entschieden, sich dem Westen zu öffnen. Sie haben aber auch gemerkt, dass große Armut und Not herrschte in Russland. Da wussten die Parteifunktionäre, dass sie dem Volk irgendein Zuckerl geben müssen. Man wusste ja, dass westliche Musik unter der Ladentheke verkauft wurde. Da gab es eine Parallelwirtschaft, und dann haben sie gesagt, okay, wer ist denn momentan im westlichen Teil der Welt erfolgreich? Damit wir unserem Volk zeigen können, wir meinen es ernst mit der Öffnung und ihr könnt diese Musik auch ganz offiziell kaufen? Da passte es gut, dass wir damals von Skandinavien bis nach Portugal „der heiße Scheiß“, aber eben nicht politisch waren. An „Cheri Cheri Lady“ ist ja weiß Gott nichts politisch. Sie haben damals 50 000 Alben aufgekauft und die Pressrechte für Russland. Es heißt – so hat man mir zumindest erzählt –, dass jeder russische Haushalt mindestens ein Album von Modern Talking besitzt. Das würde dann auf eine Gesamtverkaufszahl von über 100 Millionen kommen. Die nie abgerechnet wurden. Das muss man fairerweise auch sagen.
Würden Sie gerne wieder in Russland spielen? Ginge das nicht wieder, so als unpolitische Band? Sie sind ja öfter im Kremlpalast aufgetreten?
Ja, ich bin häufiger im Kreml aufgetreten als jeder andere nichtrussische Künstler, nämlich 13 Mal. Meine Solokonzerte gab ich auch noch zu Putins Zeiten. Die dauern ja auch schon eine Weile, diese Putin-Zeiten. Ich habe allerdings für mich dann im Februar 2022 entschieden, dass ich nicht mehr dort auftreten werde, solange Putin noch das Sagen hat. Das kann ich mit meinem Wertekompass nicht in Einklang bringen kann. Ich habe bis zum Schluss gehofft und geglaubt, dass es nicht zum Überfall auf die Ukraine kommt. Obwohl alle Vorzeichen dafür sprachen.
Wie haben Sie den Kriegsbeginn erlebt?
Ich stand beim Überfall 14 Tage vor einer Russland-Tour und habe am nächsten Morgen sofort alles abgesagt. Ich sagte, das kann ich nicht, das werde ich nicht unterstützen. Natürlich tut es mir leid für meine Fans, da der größte Teil des russischen Volkes den Überfall auf die Ukraine nicht wollte.
Wenn es jetzt doch zu einem Frieden kommt, so bitter der auch sein könnte, wenn den Trump und Putin verhandeln, wäre Modern Talking nicht eine Möglichkeit, da an eine kulturelle Gemeinsamkeit für diese beiden Brudervölker zu erinnern und vielleicht doch eine Tour durch die Ukraine und Russland zu machen?
Für mich müsste sich dafür die politische Spitze in Russland geändert haben. Ich habe keine Glaskugel, ich maße mir nicht an, dass ich die Weisheit gepachtet habe. Ein paar Monate nach Kriegsbeginn habe ich gesagt, es wird so enden, dass die annektierten Gebiete an Russland fallen. Frieden wird am Verhandlungstisch gemacht und nicht auf dem Schlachtfeld. Es sind in der Zwischenzeit Hunderttausende Menschen gestorben. Und wir stehen jetzt vor einer Situation, dass Putin sich dem Sieg nahe fühlt. Und wir haben nun mit Putin und Trump zwei Präsidenten, die irgendwie glauben, sie können sich ihre Welt so gestalten, wie sie es gerade haben möchten. Ich hoffe, dass Europa stark genug wird, um Paroli zu bieten. Aber wenn dieser Frieden ein Diktatfrieden wird, kann ich nicht durch Russland touren und so tun, als wäre es Friede, Freude, Eierkuchen. Nein, es muss für mich ein wirklicher Neubeginn sein. Und es muss einen Diskurs der beiden Länder geben, wo man sich danach in die Augen schauen kann. Das wird schwer genug werden.
Andrian Kreye
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Bevor Andrian Kreye 2007 das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung übernahm, war er viele Jahre als Journalist in New York. Davor hatte er die Zeitschrift Tempo mitgegründet. Und davor verbrachte er seine Kindheit und Jugend in München. Seit 2020 ist er Leitender Redakteur und Autor bei der SZ. Dafür hat er ein paar Preise bekommen, zum Beispiel den Theodor-Wolff-Preis, den Deutschen Jazzpreis und den George F. Kennan Award for German-American Commentary. Außerdem schreibt er Bücher.
„Modern Talking“
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„Modern Talking“-Sänger Thomas Anders über Dieter Bohlens Texte, darüber, wie er Frieden geschlossen hat mit dem Feuilleton und warum er nie wieder in Putins Russland auftreten wird.
Interview von Andrian Kreye
Thomas Anders ist der Sänger des Elektropop-Duos Modern Talking, der mit 130 Millionen verkauften Tonträgern bislang erfolgreichsten deutschen Band. Oder war? Mit seinem Partner, dem Gitarristen und Songschreiber Dieter Bohlen, hat er sich schon 1987 zerstritten, 1998 versuchten sie es noch einmal, lösten das Projekt dann 2003 aber wieder auf. Seither tourt Thomas Anders solo mit den Hits von damals und eigenen Songs durch die Welt. Dieter Bohlen hat sich vor allem mit zwei Biografien und der Sendung „Deutschland sucht den Superstar“ einen eigenen Ruf erarbeitet.
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Band hat Anders die ersten sechs Modern-Talking-Alben noch einmal neu aufgenommen. Ohne Dieter Bohlen, mit dem er schon seit Jahren nicht mehr geredet hat. Das erste ist gerade erschienen und auf der einen Seite immer noch Euro-Disco im Stil der Zeit, als Bohlen noch einen Vokuhila trug und Anders Lipgloss. Auf der anderen Seite klingt es aber auch nicht viel anders als ein großer Teil der Popmusik, die derzeit im Radio läuft. Außer dass die Refrains bei Menschen, die in den Achtzigerjahren schon bei Bewusstsein waren, Nostalgiereflexe auslösen.
Zum Videogespräch meldet sich Thomas Anders aus seinem Haus daheim in Koblenz. Hinter dem Schreibtisch blickt man durch eine Glasdoppeltür auf einen sonnigen Garten mit einer blühenden Kamelie, Olivenbäumen und einem Swimmingpool.
SZ: Warum haben Sie die ersten sechs Modern-Talking-Alben neu aufgenommen?
Thomas Anders: Ich hätte es ziemlich einfallslos gefunden, wenn wir zum 40. Jubiläum einfach den fünfhundertsten Aufguss von „The very very very best of Modern Talking“ gemacht hätte. Das hatten wir alles schon mal. Stattdessen wollten wir die Songs in einem neuen, modernen Klangbild präsentieren, ohne ihren ikonischen Charakter zu verlieren.
Wie gingen Sie da vor?
Ich trete auf der ganzen Welt mit Modern-Talking-Songs auf, und alle zwei, drei Jahre lasse ich das Programm komplett neu arrangieren, weil das Publikum und auch wir uns an neue Klänge gewöhnen. Viele Fans haben mich gefragt, ob man die neuen Versionen auch mal kaufen kann. So entstand die Idee, die Songs komplett neu aufzunehmen. Das Ganze aber mit den ikonischen Sounds der Achtziger. Wir haben zum Beispiel die Keyboard-Sounds aus dem legendären Intro von „Cheri Cheri Lady“ komplett „nachbauen“ lassen, das in die Produktion eingemischt und dann neu eingesungen
Was haben Sie denn verändert?
Die Produktionen von damals waren vor allem viel langsamer. Zum Teil lagen die Tracks bei 118, 120 Beats pro Minute. Zum Vergleich: Mittlerweile sind wir bei 126, 128 Beats pro Minute angekommen, auch wenn das in letzter Zeit wieder etwas langsamer wird. Das Publikum von heute erwartet einen dynamischeren Sound, und auch da hat sich die Technik enorm weiterentwickelt.
Inwiefern?
Ein großer Unterschied ist zum Beispiel der Drum-Sound. Damals war der oft analog oder semi-digital, heute kann man durch digitale Produktionsmöglichkeiten den Klang viel fetter und druckvoller machen. Wir haben uns zum Beispiel von The Weeknd inspirieren lassen, der moderne Produktionen mit einem gewissen Retro-Gefühl kombiniert. Und wir haben noch mal in einem eigenen Studio eine Dolby-Atmos-Mischung gemacht. Da gibt es ja schon einige Soundfreaks, die das so hören möchten. Man sitzt da in der Mitte vom Raum, und von überall fliegen einen die Sounds an, plötzlich kommen die Stimmen von hinten und die Synthies von der Seite, und in der Mitte haute plötzlich der Bass rein. Das ist schon ein tolles Erlebnis. Auch wenn ich selbst gar nicht so der Soundfreak bin. Für mich muss es einfach gut klingen.
Was bedeutet das bei Ihnen?
Wenn ich im Auto sitze, muss mich der Song direkt ansprechen. Wenn ich den Song doof finde, interessiert mich dann auch der Sound nicht. Deswegen haben wir beim Abmischen auch immer eine Radiobox im Studio stehen. Weil das Gros des Publikums sich unsere Musik ja nicht aus 50 000-Euro-Boxen anhört, sondern eben im Radio oder im Auto. Deswegen muss sich das auch vor allem aus so einer kleinen Box geil anhören.
Was ist denn das Erfolgsgeheimnis an den Modern-Talking-Songs?
Ich kann Ihnen da musikalisch keine Formel verraten, ich könnte so etwas auch nicht selbst schreiben. Aber auf das eigentliche Geheimnis bin ich vor knapp 20 Jahren durch Zufall gekommen. Da habe ich meinen Sohn aus dem Kindergarten abgeholt. Und da kamen zwei Kinder, die waren vielleicht vier Jahre alt, die haben „Cheri Cheri Lady“ gesungen. Da wurde mir klar: Wenn kleine Kinder das mitsingen können, ohne zu wissen, was sie da singen, können das andere auch auf der Welt, egal, aus welchem Kulturkreis sie kommen, welche Sprache sie sprechen oder wie alt sie sind. „Cheri Cheri Lady“ oder „Brother Louie“: Im Grunde sind das Kinderlieder, die eben als Pop der Achtziger hervorragend produziert waren. Das sind einfache, aber prägnante Phrasen, die weltweit funktionieren. Dieter hat da viel Zeit in die Wortwahl investiert, oft noch mehr als in die Musik.
Weil Worte wie Cheri oder Louie halt gut klingen?
Es ging nicht nur darum, dass die Worte gut klingen, sondern auch darum, dass sie positive Emotionen hervorrufen. Begriffe wie „Lady“, „Atlantis“ oder „Cadillac“ tragen eine universelle Bildsprache in sich. Das sind Begriffe, die nicht nur gut klingen, sondern direkt Fantasien und Träume auslösen. Das war wirklich Dieter Bohlens große Leistung.
Warum hat Ihre Musik denn so gut in die Zeit gepasst?
Die Achtziger waren ungezwungener, bunter, schriller. In Deutschland hatte sich die Neue Deutsche Welle mehr oder weniger überlebt, die sich aufgemacht hatte, mit einer anderen deutschen Sprache gegen die Schlager anzugehen. Aber es wurde von den Texten her immer blödsinniger, und dann kam in Deutschland die Italowelle hoch. Am Anfang wussten viele gar nicht, dass Modern Talking aus Deutschland kommt, und dachten, dass da wieder irgend so was aus Italien rüberschwappt. Sie waren ganz überrascht, dass da zwei so Urdeutsche Musik veröffentlicht haben. Und niemand war so überrascht wie unsere Plattenfirma, dass das so erfolgreich wurde. Ich weiß noch, ich habe damals noch parallel in deutscher Sprache gesungen und war auf Promotion-Tour für meine deutsche Single. Das war im Herbst ’84, ich war bei einem Rundfunksender, und der damalige Programmchef sagte mir, dieses „You’re My Heart, You’re My Soul“ kannst du in die Tonne kloppen, das wird nie was.
Der Erfolg kam dann schnell. Hat es Sie geärgert, dass man Sie im Feuilleton nie ernst genommen hat?
Vielleicht am Anfang. Aber ich habe Frieden geschlossen mit dem Feuilleton. Ich mache etwas, was mir Freude macht, und ich möchte mit dem, was mir Freude macht, anderen Freude bringen und Erfolg haben. Wenn man dann so erfolgreich war in den Achtzigern wie Modern Talking, hat man Feuilleton-Kritik in dem Moment nicht verstanden. Nach dem Motto: Wir werden doch von Millionen von Menschen geliebt. Warum gibt es da so eine gewisse Spezies, die uns eigentlich runterschreibt und uns sagt, dass das, was wir machen, keine Qualität hat? Ich habe mir irgendwann gesagt, man kann nicht von allen Menschen gemocht werden. Aber das kommt erst, wenn man etwas älter wird. Und dann erzähle ich Ihnen jetzt ein kleines Beispiel, da werden Sie bestimmt schmunzeln. Ich hatte ein Album, das habe ich 1993 veröffentlicht, „Souled“, das hatte ich auch in Amerika aufgenommen. Es wurde in der Tat im Feuilleton sehr positiv bewertet. Und es ist das unerfolgreichste Album meiner Karriere.
In welchen Ländern war Modern Talking am erfolgreichsten?
Deutschland war natürlich unser Heimatmarkt, aber unser Erfolg war global. Besonders in Europa, Asien und Südamerika waren wir extrem populär. Russland und die ehemaligen Ostblockstaaten waren ein riesiger Markt für uns – das hält sich bis heute. Ich sehe das an den Abrechnungen. Ich finde das total fasziniered, dass wir heute noch, 40 Jahre später, 360 bis 370 Millionen Streams pro Jahr haben.
Warum war Modern Talking zu Beginn der Perestroika die erste westliche Band, die in Russland Platten verkaufen und auftreten durfte?
Zu Beginn der Perestroika war es vollkommen klar, dass Russland finanziell mit dem Rücken an der Wand steht. Deshalb hatten sie sich entschieden, sich dem Westen zu öffnen. Sie haben aber auch gemerkt, dass große Armut und Not herrschte in Russland. Da wussten die Parteifunktionäre, dass sie dem Volk irgendein Zuckerl geben müssen. Man wusste ja, dass westliche Musik unter der Ladentheke verkauft wurde. Da gab es eine Parallelwirtschaft, und dann haben sie gesagt, okay, wer ist denn momentan im westlichen Teil der Welt erfolgreich? Damit wir unserem Volk zeigen können, wir meinen es ernst mit der Öffnung und ihr könnt diese Musik auch ganz offiziell kaufen? Da passte es gut, dass wir damals von Skandinavien bis nach Portugal „der heiße Scheiß“, aber eben nicht politisch waren. An „Cheri Cheri Lady“ ist ja weiß Gott nichts politisch. Sie haben damals 50 000 Alben aufgekauft und die Pressrechte für Russland. Es heißt – so hat man mir zumindest erzählt –, dass jeder russische Haushalt mindestens ein Album von Modern Talking besitzt. Das würde dann auf eine Gesamtverkaufszahl von über 100 Millionen kommen. Die nie abgerechnet wurden. Das muss man fairerweise auch sagen.
Würden Sie gerne wieder in Russland spielen? Ginge das nicht wieder, so als unpolitische Band? Sie sind ja öfter im Kremlpalast aufgetreten?
Ja, ich bin häufiger im Kreml aufgetreten als jeder andere nichtrussische Künstler, nämlich 13 Mal. Meine Solokonzerte gab ich auch noch zu Putins Zeiten. Die dauern ja auch schon eine Weile, diese Putin-Zeiten. Ich habe allerdings für mich dann im Februar 2022 entschieden, dass ich nicht mehr dort auftreten werde, solange Putin noch das Sagen hat. Das kann ich mit meinem Wertekompass nicht in Einklang bringen kann. Ich habe bis zum Schluss gehofft und geglaubt, dass es nicht zum Überfall auf die Ukraine kommt. Obwohl alle Vorzeichen dafür sprachen.
Wie haben Sie den Kriegsbeginn erlebt?
Ich stand beim Überfall 14 Tage vor einer Russland-Tour und habe am nächsten Morgen sofort alles abgesagt. Ich sagte, das kann ich nicht, das werde ich nicht unterstützen. Natürlich tut es mir leid für meine Fans, da der größte Teil des russischen Volkes den Überfall auf die Ukraine nicht wollte.
Wenn es jetzt doch zu einem Frieden kommt, so bitter der auch sein könnte, wenn den Trump und Putin verhandeln, wäre Modern Talking nicht eine Möglichkeit, da an eine kulturelle Gemeinsamkeit für diese beiden Brudervölker zu erinnern und vielleicht doch eine Tour durch die Ukraine und Russland zu machen?
Für mich müsste sich dafür die politische Spitze in Russland geändert haben. Ich habe keine Glaskugel, ich maße mir nicht an, dass ich die Weisheit gepachtet habe. Ein paar Monate nach Kriegsbeginn habe ich gesagt, es wird so enden, dass die annektierten Gebiete an Russland fallen. Frieden wird am Verhandlungstisch gemacht und nicht auf dem Schlachtfeld. Es sind in der Zwischenzeit Hunderttausende Menschen gestorben. Und wir stehen jetzt vor einer Situation, dass Putin sich dem Sieg nahe fühlt. Und wir haben nun mit Putin und Trump zwei Präsidenten, die irgendwie glauben, sie können sich ihre Welt so gestalten, wie sie es gerade haben möchten. Ich hoffe, dass Europa stark genug wird, um Paroli zu bieten. Aber wenn dieser Frieden ein Diktatfrieden wird, kann ich nicht durch Russland touren und so tun, als wäre es Friede, Freude, Eierkuchen. Nein, es muss für mich ein wirklicher Neubeginn sein. Und es muss einen Diskurs der beiden Länder geben, wo man sich danach in die Augen schauen kann. Das wird schwer genug werden.
Andrian Kreye
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Bevor Andrian Kreye 2007 das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung übernahm, war er viele Jahre als Journalist in New York. Davor hatte er die Zeitschrift Tempo mitgegründet. Und davor verbrachte er seine Kindheit und Jugend in München. Seit 2020 ist er Leitender Redakteur und Autor bei der SZ. Dafür hat er ein paar Preise bekommen, zum Beispiel den Theodor-Wolff-Preis, den Deutschen Jazzpreis und den George F. Kennan Award for German-American Commentary. Außerdem schreibt er Bücher.
LG aus dem Nordwesten !!
https://www.youtube.com/watch?v=lJ79EOc7H5w
Thomas Anders - DON'T FLY TOO HIGH (Official Video)
Schon cool und auch sehr berührend gemacht
Thomas Anders - DON'T FLY TOO HIGH (Official Video)
Schon cool und auch sehr berührend gemacht
Bei "Townsend Music" (https://townsendmusic.store/products/ar ... mas+Anders) sind jetzt die Tracklists der weiteren Releases verfügbar. So kann man sehen, welche Bonus-Tracks auf den restlichen Alben sind:
Let's Talk About Love
11. Love Society (New Bonus Track)
12. Don’t Break My Soul (New Bonus Track)
Ready For Romance
11. Midnight Lover (New Bonus Track)
12. Lonely Lady Blue (New Bonus Track)
In The Middle Of Nowhere
11. Voodoo Love (New Bonus Track)
12. Am I Man Enough (New Bonus Track)
Romantic Warriors
11. Heaven In Your Eyes (New Bonus Track)
12. Flying On The Wings Of Loneliness (New Bonus Track)
In The Garden Of Venus
10. In The Garden Of Venus (Thomas’ Version)
11. Boulevard Of Broken Dreams (New Bonus Track)
12. Never Gonna Love Again (New Bonus Track)
Let's Talk About Love
11. Love Society (New Bonus Track)
12. Don’t Break My Soul (New Bonus Track)
Ready For Romance
11. Midnight Lover (New Bonus Track)
12. Lonely Lady Blue (New Bonus Track)
In The Middle Of Nowhere
11. Voodoo Love (New Bonus Track)
12. Am I Man Enough (New Bonus Track)
Romantic Warriors
11. Heaven In Your Eyes (New Bonus Track)
12. Flying On The Wings Of Loneliness (New Bonus Track)
In The Garden Of Venus
10. In The Garden Of Venus (Thomas’ Version)
11. Boulevard Of Broken Dreams (New Bonus Track)
12. Never Gonna Love Again (New Bonus Track)